Nicht wie bestellt - das Bestellerprinzip und seine Konsequenzen

06.11.2023, 11:40
Das sogenannte "Bestellerprinzip" sollte Mieter finanziell entlasten - und brachte den einen oder anderen durchaus vorhersehbaren Nachteil mit sich.

Seit 1. Juli 2023 gilt am österreichischen Mietwohnungsmarkt das lang erwartete Erstauftraggeber- bzw. Bestellerprinzip. Dieses besagt, dass Interessenten an Mietwohnungen nur noch dann eine Maklerprovision zu bezahlen haben, wenn Sie einen Immobilienmakler aktiv mit der Wohnungssuche beauftragen. Bereits veröffentlichte Wohnungsangebote können daher im Umkehrschluss provisionsfrei für den Mieter in Anspruch genommen werden. Die Maklerprovision trägt damit nun zumeist der Abgeber.

Die Grundidee, Mietern durch diese Kostenreduktion den Zugang zum Wohnungsmarkt, und damit einen Wohnungswechsel, zu vereinfachen, hat sich allerdings bisher als Trugschluss erwiesen. In der Folge ging das Angebot an Mietwohnungen in Österreich drastisch zurück, wie nicht nur Studien, sondern der tägliche Blick auf Immobilienplattformen und Printinserate deutlich machen. Zusätzlich zur Inflation trug dies auch zu einem raschen Anstieg der Mieten im Teilanwendungsbereich des MRG bei. Die von der Regierung angepeilte Ersparnis führt somit nun langfristig zu höheren finanziellen Aufwendungen für angemieteten Wohnraum.

Ein weiteres grundlegendes Defizit ergibt sich aus der Veränderung der Position, die potentielle Mieter nun am Markt einnehmen. Immobilienmakler fungieren nun nicht mehr, wie früher, als sogenannte „Doppelmakler“, die die Interessen von Anbietern und Mietern zu gleichen Teilen zu vertreten haben. Alleiniger Kunde eines Maklers ist nun zumeist der Vermieter. Die einzige Ausnahme stellen jene Fälle dar, in denen Interessenten eine konzessionierte Immobilienkanzlei per Suchauftrag damit beauftragen, eine aktive Wohnungssuche durchzuführen – womit solche Mieter nun nicht mehr nur provisionspflichtig sind, sondern ebenfalls die gestiegenen Mieten zu tragen haben. Hier wurde ein eklatanter Nachteil auf Seiten der Konsumenten geschaffen.

Die bisher für Wohnungssuchende schon unangenehmen Gruppen- oder gar Massenbesichtigungen häufen sich. Als alleinig dem Vermieter verpflichtete Partei sind Immobilienmakler nun noch stärker unter Druck, ein Objekt zeitnah an einen möglichst attraktiven Mieter zu vermitteln. Zusätzlich führt der Gedanke, nicht für die Maklerprovision aufkommen zu müssen, zu einem verstärkten Andrang auf Besichtigungstermine. Die individuelle Beratung von Konsumenten am Mietmarkt wird aufgrund deren geschwächter Position für Makler nun nicht mehr nur unattraktiv, sondern sogar schlicht verunmöglicht.

Fazit: Massenbesichtigungstermine nehmen zu, die Wohnungsangebote dünnen aus, individueller Service leidet unter dem erhöhten Kostendruck. Es herrscht offenbar Nachbesserungsbedarf.